Don Giovanni im Jungen Schauspiel Düsseldorf

Don Giovanni Tatjana Auster

Verführerische Gewalt oder gewalttätiger Verführer, der übermächtig wird - weil es an Zivilcourage fehlt.
Inspiriert von Mozarts Oper präsentiert sich das Stück Don Giovanni im Klassenzimmer der 6A und nimmt damit die Vergewaltigung von Donna Anna in den Fokus. Zunächst baut die Regisseurin Farnaz Arbabi eine stereotype heile Welt im Klassenzimmer auf, die den potenten, männlichen Fußball Star glorifiziert und jede Frau als sexual, gesteuertes Dummerchen erstrahlen lässt. Für die Rolle der Klassenlehrerin zieht Eva Maria Schindele alle Register und wirkt so übertrieben unnatürlich, dass einem das Lachen im Hals stecken bleibt. Sie verkörpert damit perfekt die Unfähigkeit der Lehrkörper, die in Geltungssucht und sexistischem Denken, gefangen sind. Anna, die schüchterne Opportunistin und Leporello, der sich für klug hält, werden von Natalie Hanslik und Jonathan Gyles realistisch gespielt. Der Frauenschwarm Johann, gespielt von Fatih Kösoğlu präsentiert sich vielschichtig und erfährt im Stück nach der Eskalation eine sichtbare Entwicklung.
Als die neue Mitschülerin Elfira in die Klasse kommt, wird Frau Steinberg die sich nach ihrer Teenie Zeit sehnt, mit ihrer Unfähigkeit konfrontiert. Elfiras Weigerung sich in das Mädchen Schema pressen zu lassen um stattdessen selber zu denken, bedrohen ihr konstruiertes Weltbild. Die neue Mitschülerin, wird ausdrucksstark gespielt von Felicia Chin-Malenski und zeigt dadurch ihre Hilflosigkeit umso deutlicher. Denn sie weist Johann zurück, der unterstützt von Laparello ihre Liebe erzwingen will. Aus seiner eigenen Unsicherheit heraus zwingt er ihr Gewalt auf. Trotz ihrer Weigerung kann sie sich dem nicht entziehen, da beide Mitschüler sich auf Johanns Seite stellen und ihn sogar anfeuern, als er sie küssen will.
Die Gewalteskalation wird angedeutet und verbal vollzogen, was den unmittelbaren Schrecken noch deutlicher hervorhebt. Die Frauenfigur Elfira wird trotz ihrer Stärke überwältigt und macht deutlich, wie wichtig es ist, Zivilcourage zu zeigen, sobald Gewalt eskaliert. Das Ende ist nicht geprägt von einem Happy End und das wirft Fragen auf. Es lädt den Zuschauenden dazu ein nach dem Stück, mit den Schauspieler/innen ins Gespräch zu kommen.
Einzig die musikalische Bearbeitung ist enttäuschend, lieblos wurde der Versuch unternommen, Mozarts Musik ins Moderne zu übertragen. Auch der angedeutete Rap hätte sicherlich ein wenig Feinschliff gebraucht. Wo in anderen Produktionen wie Robin Hood Chart-Hits geboten werden, ist hier die Musik ein notwendiges Übel. Wohingegen das Bühnenbild klar strukturiert und mit humorvollen Ideen daherkommt. Die Lichtwechsel sind harmonisch und insbesondere die Zuschauerbeleuchtung in einigen Momenten unterstützt den dramatischen Effekt.

“Hervorragendes Stück zum #metoo Thema, das deutlich macht, wie wichtig es ist gegen Gewalt in jeglicher Form zu protestieren. ”

Robin Hood im D´haus Düsseldorf

Robin Hood Tatjana Auster

Robin Hood punktet mit einer grandiosen Inszenierung von David Bösch, wichtiger Botschaft und frischer Punkrock Musik. Drei der Hauptrollen sind mit Frauen besetzt, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Robin gespielt von Sophie Stockinger ist quirlig, frech und begeistert mit ihrer Durchsetzung starken Gesangs / Stimme. Annina Hunziker als Little John rappt, liebt und spielt mit einer schönen Leichtigkeit, während Yulia Yanez Schmidt die starke Marian verkörpert. Jonas Friedrich Leonhardi als Sir John/König Richard spielt so böse, gemein und herrlich überzogen, dass der Saal mit ihm einfach Spaß hat.
Zusammenhalt ist das Thema, mit dem das wunderbar mutige Skript durch den Nachmittag führt. Die weiblichen Heldinnen zeigen uns, dass wir zusammen die Welt verändern können und für einander einstehen müssen.
Direkt ab den ersten Takten nimmt die eigens für das Stück komponierte Musik das Publikum, ob groß, ob klein, für sich ein. Die Band rockt sich virtuos durchs Stück und sorgt auch für das gelungene Sounddesign.
Das Bühnenbild von Patrick Bannwart ist in seiner Einfachheit gelungen. Es entführt den Zuschauer, vor allem unterstützt durch die stimmungsvollen Videoinstallationen und den Einsatz der Drehbühne, in die Schattenbilder Welt von Robin Hood. Die Zeitlosigkeit, in der sich die Inszenierung bewegt, bindet sie in der modernen Welt, genauso wie im alten England, ein. Die Symbiose aus D´haus und Jungen Schauspiel Ensemble ist dabei zu 100 % gelungen.

“Grandios, ein Stück für jedes Alter, das Mut macht und dabei jeden von den Sitzen reißt.”

Moby Dick im Jungen Schauspiel Düsseldorf

Moby Dick Tatjana Auster

Wie schafft man es einen 600 Seiten schweren Wälzer auf die Bühne zu bringen? Im Jungen Schauspiel fahren fünf Schauspieler*innen durch stürmische Gewässer auf der Jagd nach dem großen Wal. Der erste Akt beginnt humorvoll mit allerlei Slapstick und etabliert zunächst den Erzähler Ismael. Ismael und Queequeg sind mit Frauen besetzt, sicherlich eine gute Idee, verwirrend ist dabei nur, dass die Geschlechterrolle dabei nicht klar wird. Ab dem Auftritt des Käptens Ahab läuft die Spannungskurve nach unten. Endlose wissenschaftliche Monologe, die nichts zur Geschichte beitragen und Sprechchöre, die diffus bleiben, weil man sie schlichtweg nicht versteht. Der Ich-Erzähler Ismael versucht Licht in die Geschichte zu bringen, dennoch scheitert er. Die Figuren agieren nicht miteinander, sondern wirken wie einzelne Sprecher die losgelöst einen Handlungsaufbau verfolgen und die Inszenierung künstlich in die Länge ziehen.
Der Inszenierung und dem Skript fehlt ein moderner Bezug, obwohl die Vorlage des Romans sie bereitstellt. Die Geschichte von Moby Dick zeigt wie ein Wahnsinniger alles opfert um seine Idee zu verwirklichen und bei der Erfüllung letztlich alles zerstört. In der Inszenierung bleibt die Motivation des Kapitäns fadenscheinig. Die Charakterisierung der Crew die sich in einer aussichtslosen Lage befindet, kommt nicht über den Bühnenrand, da der Text wie die Wassermassen bei Sturm, im Weg stehen. Dennoch ist die Inszenierung sehenswert, denn die Schauspieler spielen authentisch und überzeugend. Insbesondere die Sturmsequenz wird durch eine Wasserschlacht mit Wassereimern sehr gut in Szene gesetzt.
Die begleitende Musik und die Songs schaffen Atmosphäre. Insbesondere die eingespielten Geräusche und das stimmungsvolle Licht, sind perfekt gesetzt. Das eher schlichte Bühnenbild mit Mast und Ausguck, ist ausdrucksstark und bietet genügend Spielraum für die Schauspieler. Die kämpfen, leiden und das Schiff am untergehen hindern.

“Streckenweise langatmig, dennoch Sehenswert ”